Bübische Hände

Bübische Hände

Aus dem Französischen von Nathalie Mälzer-Semlinger

Quartbuch. 23.2.2011
144 Seiten. Gebunden mit Schutzumschlag
16,90 €
ISBN 978-3-8031-3236-9
vergriffen

Vier Frauen, die ein Schweigen verbindet. Und die Frage nach der Wahrheit. Was geschah wirklich, damals im Treppenhaus der Schule?

Vier Frauen sprechen in diesem Roman mit sich selbst. Sonst wird geschwiegen. Dabei weiß eigentlich die ganze Stadt Bescheid.
Die junge Putzfrau tut ihre Arbeit klaglos und gut gelaunt. Gleichwohl scheint
sie ein Geheimnis mit sich herumzutragen. Von der Gattin des reichen Winzers, die an seltsamen Ohrenschmerzen leidet, wird die Putzfrau beargwöhnt, gar beneidet. Bei einer anderen Frau löst sie die Erinnerung an eine lange zurückliegende, kindliche Tat aus, an der auch ihr Sohn beteiligt war. Eine dritte Frau spricht: eine pensionierte, gehörlose Lehrerin, die im Altersheim lebt und mitunter von eben der Frau gepflegt wird, deren Stimme sie dreißig Jahre zuvor nicht hören wollte. Und zuletzt meldet sich ein zehnjähriges Mädchen zu Wort, das schwer an einem Erlebnis trägt, von dem niemand wissen will.
Mit sorgfältig gewählten Worten beschreibt Emmanuelle Pagano das lebenslange Kreisen um eine unsägliche Tat. Es geht um (kindliche) Grausamkeit und Schmerz, um Vergessen und schuldhaftes Schweigen, um Gleichgültigkeit und Lebenslügen.
Thematisch unerschrocken, sprachlich bewundernswert.

Emmanuelle Pagano

Emmanuelle Pagano, geboren 1969 im Département Aveyron, studierte Filmwissenschaft und -ästhetik. Sie lebt noch immer im Süden Frankreichs, unterrichtet Bildende Kunst und ist Mutter dreier Kinder. Für ihre einzigartige, sinnliche écriture hat sie mehrere Preise erhalten. Darunter im Jahr 2009 den Europäischen Literaturpreis.

»Emmanuelle Pagano gelingt es, sogar in Alltagsgesten wie dem Einfädeln eines Fadens eine Ahnung von Brutalität mitschwingen zu lassen. Ein poetischer und starker Roman.« Brigitte

Pressestimmen

»Um die Macht des Unausgesprochenen kreist der mehrfach preisgekrönte, nun in deutscher Übersetzung erschienene Roman der Französin Emmanuelle Pagano. Es geht um Gewalt, Feigheit und Lebenslügen. Pagano überlässt drei Frauen und einem Mädchen das Wort. Die Vertreterinnen unterschiedlicher Generationen sind teils Komplizinnen, teils erneute Opfer des untergründig schwelenden Lügen- und Schuldkomplexes. Die impulsiven, von Alltagssorgen zermürbten Selbstgespräche reiben sich an den engen Grenzen der ländlichen Lebenswelt, die Konturen von Personen und Handlungen erschließen sich nur bruchstückhaft. Im Zentrum des Romans gärt das Unausgesprochene, das sich einen unheilvollen Weg in die Gegenwart frisst. Klug und subtil transportiert das mehrstimmige Erzählgerüst das generationenübergreifende Fortleben einer Missbrauchskonstellation. Pagano entwirft brutale Bilder für das geschundene Ichgefühl, ungerührt dringt sie in schambehaftete Intimzonen vor. Die Stimmen der Erzählerinnen finden in der kargen Landschaft Südfrankreichs einen sinnstiftenden Echoraum. Wort- und bildstark verknotet Emmanuelle Pagano die vom Stillhalten vergifteten Sprechweisen zu einer aufwühlenden écriture féminine.«

Monika Burri, Neue Zürcher Zeitung am Sonntag

 

»Die Französin Emmanuelle Pagano spinnt aus Erzählfäden märchenhafte Landschaften. Ihre Romane gleichen einer wilden, rauen Märchenwelt, mit schroffen Felsen, dunklen Tälern. Eine Welt, in der der gesellschaftliche Stand noch davon abhängt, ob man Kastanien oder Wein anbaut. In der Seidenraupen feine Erzählfäden spinnen, in der die Natur Poesie produziert. Elfriede Jelinek wurde, vor dem Literaturnobelpreis, oft vorgeworfen, in ihrer Intimzonenprosa der männlichen Sicht doch nicht entkommen und in ihrem Projekt der nachahmenden Bloßstellung letztlich gescheitert zu sein. Pagano nun findet eine eigene Sprache für Geschlechter-Gewalt – und einen erträumten Ausweg. Beeindruckend und verstörend.«

Britta Heidemann, Westdeutsche Allgemeine Zeitung

 

»Dem Wagenbach Verlag gebührt Dank, denn jene Bücher sind selten, in denen sich die Sätze über Kapitel hinweg antworten wie poetische Echos, in denen Motive aufs engste verwoben und geradezu in die Figuren versenkt werden. In Bübische Hände findet Pagano ein schönes Bild, um das kollektiv verschwiegene Eindringen in den Mädchenkörper zu illustrieren: Alle Erzählerinnen leiden unter einer Störung des Gehörs, sei es durch Alterstaubheit oder ein Insekt im Ohr.«

Niklas Bender, Frankfurter Allgemeine Zeitung

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