Der Griff nach der Notbremse
Nahaufnahmen des Protests
vergriffen
Ausgelöst durch die arabischen Revolutionen und Occupy wählte das TIME Magazine den Demonstranten zur Person des Jahres 2011. Kraushaar geht der Frage nach, inwieweit die aktuellen Proteste in der Tradition des Widerstands der letzten 50 Jahre stehen, sei es gegen Diktaturen, Ausbeutung oder die Atomindustrie.
»Marx sagt, die Revolutionen sind die Lokomotiven der Weltgeschichte. Aber vielleicht [. . .] sind die Revolutionen der Griff des in diesem Zuge reisenden Menschengeschlechts nach der Notbremse «, schrieb Walter Benjamin. Als profiliertester Kenner von Protestbewegungen schildert Wolfgang Kraushaar beispielhaft verschiedene historische Situationen, in denen sich politische Wut dramatisch zuspitzte. Diese teilweise wenig bekannten oder vergessenen Ereignisse an ganz verschiedenen Orten der Welt eint der Versuch, einen als nicht mehr tragbar empfundenen Zustand zu beenden, manchmal durch witzige Aktionen, manchmal aber auch spektakulär unter Einsatz des eigenen Lebens. Das STOP- Signal ist der gemeinsame Impuls dieser Revolten. So versteht Kraushaar diese Aktionen entgegen landläufiger Geschichtsschreibung gerade nicht als Ausdruck sozialer Bewegungen, nicht als Kampf für politische Utopien, sondern als Griff nach der Notbremse.
© Wolfgang Kraushaar/Foto: Sacha Hartgers
Wolfgang Kraushaar
Wolfgang Kraushaar ist Politologe und wissenschaftlicher Mitarbeiter am Hamburger Institut für Sozialforschung, Chronist der 68er Bewegung und der Geschichte der RAF sowie Initiator des Archivs über ››Protest, Widerstand und Utopie in der Bundesrepublik ‹‹. Seine zahlreichen Publikationen lösten oft Debatten aus.