A Casa Nostra
Junge italienische Literatur
vergriffen
Was haben sie uns heute zu erzählen, die jungen italienischen Autoren? Schreiben sie über politische Zustände oder ziehen sie sich ins Private oder Lokale zurück? Die spannende Bestandsaufnahme eines überfälligen literarischen und gesellschaftlichen Aufbruchs in ein anderes Italien.
Eine neue Generation italienischer Autoren: Sie schielt nicht mehr auf die angloamerikanische Großstadtliteratur oder erfindet noch einen weiteren Commissario, sondern bezieht sich auf die Erzähltraditionen des eigenen Landes und seiner sehr unterschiedlichen Regionen. Eine Jugendbande in Rom, die allabendlicheFernsehshow, die brüchige Idylle der Oberschicht, wortkarge piemontesische Bergbewohner – auch wenn ihre Geschichten und literarischen Formen ganz verschieden erscheinen, so eint diese Autoren die Erfahrung, in einem politisch und gesellschaftlich verwüsteten Italien aufgewachsen zu sein. Der Schriftsteller Nicola Lagioia spricht von seiner Heimat als einem Land mit einer »gelähmten Demokratie«, das zurückgefallen sei in die »zweite Welt«. Aber gerade aus dieser Erfahrung entstehe eine »starke und mutige Generation, die in der Lage ist, neu zu beginnen«. Die Herausgeberinnen Paola Gallo und Dalia Oggero, seit vielen Jahren ausgewiesene Kennerinnen und Entdeckerinnen neuer italienischer Autoren, stellen die interessantesten und vielversprechendsten Schriftsteller unter 40 mit Texten vor, die allesamt hier erstmals auf Deutsch erscheinen: Mosaiksteine eines Italien jenseits von Klischees.
Pressestimmen
»Wer sich für das genaue Gegenteil des heldischen Windmachervokabulars interessiert – sagen wir: für einen realitätsnahen, von kalter Wut geschärften, gelegentlich auch sarkastischen Blick auf die räudige Gegenwart –, der könnte in der jungen italienischen Literatur fündig werden. Man muss das Politische gerade dort erkennen, wo es bewusst auf Rebellionsrhetorik verzichtet. Mit ihrer Anthologie wollen die Herausgeberinnen Paola Gallo und Dalia Oggero eine Aufbruchsstimmung abbilden: Im Privaten wachse ein Zorn heran, ‚der Mauern sprengt und Fenster aufreißt‘. Vielleicht sind die Gesten nicht ganz so dramatisch, weil es zuerst ums Luftrauslassen geht, um einen Lageplan mit nüchtern gestrichelten Fluchtlinien. Das gut ausgebildete Prekariat macht sich an die Spielregeln, und es sieht so aus, als seien monströse Maschinen mit von der Partie.«
Jutta Person, Süddeutsche Zeitung
»Der Leser wird sich fragen: Wieder eine Anthologie? Antwort: Unbedingt! Denn dies ist kein Flickenteppich, sondern ein Appetitmacher, der den Geschmacksnerv kitzelt und die Neugier weckt. Die sachkundigen Herausgeberinnen Paola Gallo und Dalia Oggero haben achtzehn Texte von Autoren unter vierzig zusammengestellt, die sich sehen lassen können. Oft handeln sie von alltäglichen Dramen, von scheiternden Ehen, Freundschaften, Karrieren. Die Autoren verlieren sich jedoch nie in Privatismus: Den Texten sind ihre Beobachtungsgabe und ein politischer Sinn gemein, der einzige, der in der Literatur Stadtrecht hat; auch entspannte Weltläufigkeit und ein feines Gespür für das Poetische im Alltäglichen sind auszumachen. Manche Autorennamen sind uns ein Begriff, Alessandro Piperno etwa oder Michela Murgia; von anderen, wie Nicola Lagioia oder Paolo Cognetti, der in ‚Regenzeit‘ wunderschön von einer verpassten Chance erzählt, wünscht man sich Übersetzungen. Den Herausgeberinnen, die eine ‚Aufbruchsstimmung‘ diagnostizieren, ist recht zu geben: Im italienischen Haus ist einiges in Bewegung.«
Niklas Bender, Frankfurter Allgemeine Zeitung
»Einen anregenden Überblick zeitgenössischer italienischer Erzählweisen bietet der schöne Band ‚A Casa Nostra‘. Die beiden Lektorinnen des Turiner Einaudi-Verlages präsentieren in ihrer Anthologie achtzehn Autoren unter vierzig Jahren. Eindrucksvoll ist eine Erzählung von Antonella Lattanzi, die einen aus dem Gedächtnis gestrichenen, verheerenden Bombenangriff auf den Hafen von Bari im Winter 1943 zum Gegenstand hat. Dass Ascanio Celistini, der bisher als unübersetzbar galt und in Italien Kult-Spektakel veranstaltet, vertreten ist, zählt zu den besonderen Verdiensten des Sammelbandes. Ein untergründiger Zorn verbindet die Texte. Stadtautobahnen oder ein überdimensionierter Kühlschrank werden zu Chiffren der Wut.«
Maike Albath, Neue Zürcher Zeitung