Der Radfahrer von Tschernobyl
Aus dem Spanischen von Anja Lutter
Vergriffen. Als WAT-Ausgabe erhältlich.
Javier Sebastián setzt den namenlosen Opfern und verleugneten Helden von Tschernobyl ein literarisches Denkmal – so spannend wie ein Abenteuerroman und mindestens ebenso informativ wie das beste Sachbuch zum Thema.
Alle vier Jahre tagt in Paris die Internationale Generalkonferenz für Maß und Gewicht. Doch für den spanischen Delegierten und namenlosen Erzähler dieses außergewöhnlichen Romans nimmt die Konferenz eine unvorhersehbare Wendung: Den Standardkilostein als Eichmaß im Gepäck, wird er in einem Fastfood-Restaurant Zeuge davon, wie ein alter Mann ausgesetzt wird. Mehr oder weniger unfreiwillig nimmt er sich des Fremden an, auf dessen Unterarm eine geheimnisvolle Tätowierung in kyrillischen Buchstaben prangt. Als sich herausstellt, dass es sich bei dem Alten um den Atomphysiker Wassili Nesterenko handelt, dank dessen Intervention damals in Tschernobyl noch Schlimmeres verhindert werden konnte, verwischen sich die Grenzen zwischen Fiktion und Fakten vollends: Sebastián entführt uns aus Paris nach Prypjat, der Retortenstadt in unmittelbarer Nähe des Reaktors, und erzählt eindringlich die Schicksale seiner Bewohner. Sie verdanken Nesterenko – oder Wassja, wie der Radfahrer von Tschernobyl von ihnen liebevoll genannt wird – nicht nur ihr Leben, sondern auch ihre Zukunft:
Unbeeindruckt von der staatlichen Repression tut Nesterenko alles dafür, den Opfern von Tschernobyl den Alltag nach der Katastrophe wenigstens ein bisschen zu erleichtern.
© privat
Javier Sebastián
Javier Sebastián, geboren 1962 in Saragossa, verbindet in allen seinen Büchern Fiktion und sorgfältig recherchierte Fakten. In Spanien liegen von ihm bereits fünf Romane und mehrere Erzählbände vor. Mit Der Radfahrer von Tschernobyl wird er erstmals auf Deutsch vorgestellt.
Pressestimmen
»Der Spanier Javier Sebastián schildert die Folgen der Reaktorkatastrophe in seinem Roman "Der Radfahrer von Tschernobyl" erschreckend realistisch. Der Autor geht mit dem Leid der Strahlengeschädigten nüchtern und sachlich um, und das verleiht dem Roman seine Eindringlichkeit, ja Härte. Er bündelt den Horror und das Elend und schockiert deshalb mehr als jeder Bericht über die Ereignisse. Emotionslos beschreibt der Erzähler auch, wie skrupellos der sowjetische Staat damals mit der Gesundheit seiner Bürger spielte. Das Buch ist eine Hommage an die Opfer der Tschernobyl-Katastrophe. Bleibt noch zu erwähnen, dass "Der Radfahrer von Tschernobyl" auch ein spannender Roman ist.«
Eva Karnofsky, Deutschlandfunk
»Javier Sebastiáns Roman ist ein Meisterwerk der unsentimentalen Vergegenwärtigung – einer Katastrophe, eines Schicksals, einer Lebenstragödie, die viele Betroffene einschließt. Ganz unsentimental und mit gebührender Distanz erzählt, macht dieser Roman mit großer Intensität darauf aufmerksam, dass die Unglücksmeldungen aus den Medien Geschichten aus Fleisch und Blut enthalten und längst nicht vorbei sind, wenn kaum mehr über sie gesprochen wird. Mit großer Sachkenntnis breitet der Autor die Geschehnisse und Entwicklungen vor und nach dem Reaktorunfall aus. Eher ungewöhnlich für einen Roman ist der Umstand, dass Sebastián in Fußnoten seine Quellen zitiert.«
Gregor Ziolkowski, Deutschlandradio