La Matosa, eine gottverlassene Gegend in der mexikanischen Provinz. In der brütenden Hitze bewegt sich eine Gruppe von Kindern durchs Zuckerrohrdickicht. Zwischen Plastiktüten und Schilf stoßen sie auf eine Tote, ihr Gesicht ist zu einer grausig lächelnden Grimasse entstellt: La Bruja, die Hexe, eine von den Dorfbewohnern so gefürchtete wie fasziniert umkreiste Heilerin.
Manche sagen, in ihrer schwefligen Küche braue sie Tränke gegen Krankheit und Leid, andere sagen, die Alte treibe es mit dem Teufel. An Mordmotiven fehlt es nicht: Eifersucht, Drogenhandel, Leidenschaften, die besser nicht ruchbar werden – und hat die Hexe nicht doch einen Schatz versteckt? Selbst die Polizei sucht nach dem Geld …
»Saison der Wirbelstürme« ist die Chronik dieses unvermeidlichen Todes und zugleich die schwindelerregende Reise ins finstere Herz eines Landes, das bis in den letzten Winkel von Gewalt durchdrungen ist – vor allem gegen Frauen. Fernanda Melchor schafft eine brodelnde Atmosphäre, in der jede Geste der Zärtlichkeit im nächsten Augenblick in Brutalität umschlagen kann, gegen die kein Kraut, kein Zauberspruch mehr hilft.
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Fernanda Melchor, 1982 in Veracruz/Mexiko geboren, gehört zu den wichtigsten Autorinnen Lateinamerikas. Für ihren Roman »Saison der Wirbelstürme« erhielt sie 2019 den Anna-Seghers-Preis sowie den Internationalen Literaturpreis des Hauses der Kulturen der Welt. Zudem stand sie auf der Shortlist des International Booker Prize. Als Journalistin in Veracruz schrieb sie »Crónicas«, eine einzigartige lateinamerikanische Mischform aus subjektiver Reportage, Investigativjournalismus und Fiktion – diese Crónicas gingen in Melchors Erzähldebüt »Das hier ist nicht Miami« (2013) ein.