Chronik einer Liebe, die es nie gab
Erzählungen
Mit einem Nachwort von Claudius Seidl
Aus dem Italienischen von Sigrid Vagt
vergriffen
Antonionis poetische Prosaskizzen sind spielerische Versuchsanordnungen, kleine zufällige Begebenheiten oder Beobachtungen, in denen Filmsequenzen oder komplette Filme verborgen sind, mitunter auch das ganze Leben.
Ein Mann wirbt um eine Frau, jahrelang, an verschiedenen Orten, zu verschiedenen Zeiten – immer wenn sie ihn erhören will, macht er sich aus dem Staub. Oder: Ein Industrieller, der gerade mit seiner Frau Streit hat, ein ihnen kaum bekannter Schriftsteller und seine von ihrer Figur besessene Freundin, eine gelangweilte Dame mittleren Alters und ein Pilot mit kompliziertem Charakter brechen sonderbar heiter zu einer Reise auf. Die Maschine zerschellt in 1742 Meter Höhe. Oder: Eine Frau hat nach sechs Jahren ihren Geliebten verlassen und wundert sich, dass alle Freunde sie zu trösten versuchen. Was Antonionis scheinbar flüchtige Eindrücke miteinander verbindet, ist der filmische Blick: Eine kleine Geste, ein karger Dialog entwickeln sich in seiner
Imagination zu einer Geschichte, die vielleicht so oder auch anders ausgehen könnte. Sie fordern den äußersten Freimut des Lesers, der jederzeit das Buch zuklappen und einen eigenen Gedanken aufschlagen kann.
Michelangelo Antonioni
Michelangelo Antonioni wurde 1912 in Ferrara geboren. Ab 1936 schrieb er Film- und Theaterkritiken und ging 1939 nach Rom. Dort arbeitete er zunächst bei der Zeitschrift Cinema, seit 1942 nahm er an Filmproduktionen teil, seit 1945 war er selbständiger Filmregisseur. Zu seinen bekanntesten Filmen zählen Chronik einer Liebe (1950), Die Nacht (1960), Die rote Wüste (1963–64), Blow up (1966), Zabriskie Point (1969–70), Beruf: Reporter (1975), Identifikation einer Frau (1982). Antonioni starb 2007 in Rom.