Freitag, 22. Oktober 2021

Zwischen Zeilen - eine Stunde ferne Welten

Jenny Erpenbeck liest José María Arguedas

Katharinenkirche
An der Hauptwache 1
60313 Frankfurt am Main

Uhrzeit: 18:00 Uhr

DER FUCHS VON OBEN UND DER FUCHS VON UNTEN

Am Ende ist der Autor tot. Das letzte Buch von José María Arguedas ist ein einzigartiger, existenzieller Roman des Abschieds: von einer geliebten Landschaft, von einer verschwindenden Kultur – und vom Leben selbst.

Chimbote an der peruanischen Pazifikküste. Rasend hat sich die Stadt in den sechziger Jahren vom Dorf zum Zentrum der Fischmehlindustrie entwickelt: ein Moloch aus Hafenkneipen, Bordellen und Slums, in denen ausgebeutete indigene Arbeiter aus den Bergen hausen. Das Großstadtleben und die gefährdete Natur beschreibt Arguedas in Bildern des Zerfalls: Möwen und Hunde streiten um Abfälle eines leergefischten Meers, im flackernden Stimmengewirr spricht jeder für sich allein.

Die Krisenerfahrung greift auch auf den Roman selbst über, Tagebuchnotizen des Autors unterbrechen die Handlung. In ihnen hält Arguedas fest, was er liebt und was zu verschwinden droht: die Natur der Anden, deren Schönheit er funkelnde Miniaturen widmet, und die indigene Kultur Perus. Arguedas ringt mit dem Roman, beobachtet seine eigene psychische Zerrüttung, hegt Suizidgedanken. Schreiben wird zur Überlebensstrategie – bis der Abschiedsbrief des Autors dem Text ein Ende setzt.

Arguedas’ letztes Buch ist das bewegende Dokument dieses existenziellen Scheiterns und zugleich der große peruanische Roman des 20. Jahrhunderts.

Moderation: Martin Schult

In Kooperation mit dem Friedenspreis des Deutschen Buchhandels im Rahmen von OPEN BOOKS